Vor Kurzem legte die Kustodie ihren Abschlussbericht zum Projekt „Zur Sache WWU“ vor, das sich die letzten zwei Jahre – angestoßen durch Studierende – mit dem Umgang unserer Universität und ihrem bisherigen Namensgeber Wilhelm II. beschäftigte. Der Bericht steht damit am Ende einer sehr wertvollen Auseinandersetzung und nach der Probeabstimmung im Senat ist nun der Weg dafür frei, dass aus diesem Prozess die Umbenennung unserer Universität folgt.
Der AStA begrüßt und unterstützt die bevorstehende Umbenennung unserer Universität ausdrücklich. Der Abschlussbericht bestätigt vieles, was Kenner Wilhelms des II. wenig überrascht: Er hatte ein „neo-absolutistisches Herrschaftsverständnis", das mit einer parlamentarischen Demokratie unvereinbar war, er trägt eine Mitschuld am Ersten Weltkrieg, der etwa 17 Millionen Menschen das Leben kostete, er äußerte sich stark antisemitisch und trieb den deutschen Kolonialismus voran. Er war Kaiser, als das Deutsche Reich den Völkermord an den Herero und Nama beging und er forderte im Jahre 1900 in der sogenannten „Hunnenrede" die deutschen Soldaten zu Kriegsverbrechen in China auf. Für uns ist klar, dass solch ein Herrscher nicht im Namen einer modernen Universität gewürdigt werden darf.
Während zur Verteidigung Wilhelms manchmal vorgebracht wurde, dass er ein Förderer der Wissenschaft gewesen sei, kommt der Bericht der Kustodie aber zum Schluss, dass er sie mehr als einen Kampfplatz im Wettstreit der Nationen sah. „Umfassende Bildung im Humboldtschen Sinne [lehnte er ab,] weil sie zu kritischem Denken führe." Dieses autoritäre Wissenschaftsverständnis darf kein Vorbild für unsere Universität sein. Unser Bild von Wissenschaft ist ein kritisches, das Bestehendes hinterfragt und Debatten ermöglicht, statt diese aus nationalistischen Motiven zu verengen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Kustodie ist, dass Wilhelm II. kaum Beziehung zu unserer Universität hatte und nicht als Stifter angesehen werden kann. Bis Berlin der Benennung nach Wilhelm widerwillig zustimmte, vergingen fünf Jahre, Wilhelm war beim Festakt der Umbenennung in 1907 nicht anwesend, er erwähnte in seinen Reden in Münster nicht die Universität und auch bei Universitätsjubiläen war er nie Thema. Man wollte Wilhelms Bildnis auf der Rektorkette verewigen, dieser Antrag lag acht Jahre lang unbearbeitet im Ministerium in Berlin und wurde schließlich abgelehnt.
Wir sehen keinen Grund ihn als Person, Kaiser oder wegen seiner Rolle für unsere Universität im Namen dieser zu ehren. Es wird Zeit für einen Namen, der für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende als Identifikationssymbol fungieren kann.
Wir bedanken uns bei der Kustodie für ihre gründliche Arbeit und Forschung in den letzten zwei Jahren und begrüßen ausdrücklich, dass die Debatte auch über den Senat hinaus in die Studierendenschaft und die Öffentlichkeit getragen wurde.
Neben unserem künftigen Namen „Universität Münster” wurden immer wieder verschiedene andere Vorschläge, die Universität beispielsweise nach dem Westfälischen Frieden oder herausragenden Persönlichkeiten der Universitätsgeschichte zu benennen, in die Diskussion eingebracht. Diesen Überlegungen stehen wir grundsätzlich auch weiterhin offen und sympathisierend gegenüber. Genau wie das Ablegen des Namens „Westfälische Wilhelms- Universität” muss ein solcher Schritt jedoch auch von einer breiten und offenen Debatte begleitet sein, damit sich eine große Mehrheit der Mitglieder der Universität hinter einem komplett neuen Namensvorschlag versammeln kann. Bis man möglicherweise perspektivisch einen solchen Namen findet, der ein offenes und freies Bild von Wissenschaft transportiert und für eine fortschrittliche und partizipatorische Universität steht, ist „Universität Münster” ein guter und unterstützenswerter Name, dem wir nun erstmal eine Chance geben sollten.
Das Statement gibt es hier auch als Dokument zum download.