Hiermit möchten wir auf die Kritik des „Jugendbündnisses gegen Antisemitismus“ zur Teilnahme der Gruppe „Palästina Antikolonial“ an den „Kritischen Orientierungswochen“ reagieren. Mit der Projektstelle „Studium mit Kind“, dem BIPoC-Referat und dem Referat für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende (fikuS) hat der AStA direkt und indirekt an der "kritischen O-Woche" teilgenommen. Zudem verteilte der AStA Werbeflyer der Kritischen Orientierungswochen im Rahmen der Erstibeutel. Dies geschah allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem eine Beteiligung der Gruppe an der Kritischen O-Woche noch nicht angedacht war. Sobald der AStA von der Beteiligung erfahren hatte, begann er mit der Erarbeitung dieses distanzierenden Statements, das zur Richtigstellung der Geschehnisse beitragen soll.
Mit Sorge beobachtet der AStA schon länger das Wiedererstarken von (israelbezogenen) Antisemitismus und Verschwörungsmythen in der Gesellschaft und innerhalb der Studierendenschaft. Aus diesem Grund wurde im Juli 2019 der Schaffung einer Projektstelle „Antisemitismus bekämpfen“ zugestimmt. Gemäß des StuPa-Beschlusses vom 1. August 2019, lehnt der AStA zudem jegliche Zusammenarbeit mit der „Boycott, Divestment and Sanctions“-Bewegung (BDS) ab. In der „Resolution – gegen BDS und jeden Antisemitismus“, die sowohl die Juso-Hochschulgruppe als auch CampusGrün unterzeichneten, wird dieser Beschluss auch auf alle Unterstützer:innen der BDS-Bewegung und deren Partner:innen erweitert.
Die Gruppe „Palästina Antikolonial“ ist seit ihrer Gründung im Juni 2020 wiederholt durch (israelbezogenen) Antisemitismus auffällig geworden und pflegt Kontakte zu Akteur*innen aus dem BDS-Spektrum. Es seien hier nur einige Beispiele benannt.
1) Kundgebung „Nein zur Annexion“ am 25.7.2020
Im Aufruf zur Kundgebung wurden ausreichend widerlegte Behauptungen dargelegt, die mit dem Narrativ der BDS-Kampagne übereinstimmen: Israel sei ein „siedlerkolonialistischer“ Staat mit „apartheidähnlichen Strukturen“. [1] Anstelle der behaupteten Kritik an der Politik der israelischen Regierung, fand damit bereits im Aufruf eine Delegitimierung und Dämonisierung Israels statt. Spätestens auf der Kundgebung wurde klar, worum es der Gruppe tatsächlich ging: Mit der Parole „From the River to the Sea, Palestine will be free“, und einem Redebeitrag, der sich mit jedweder Form des „palästinensischen Widerstandes“ solidarisch erklärte, (was offenkundig auch terroristische Attentate einschließt) wurde der Staat Israel als solches – als Schutzraum für Juden*Jüdinnen weltweit – zu einem illegitimen Unterfangen ohne Existenzberechtigung umdefiniert. Schon damals äußerte sich der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde besorgt und wies daraufhin, dass die Gruppe „antiisraelische Stereotype im öffentlichen Bewusstsein festigen“ will. [2]
2) Solidarität mit der Gruppe „Samidoun Deutschland“
Auf der Facebook-Seite der Gruppe findet sich eine Solidaritäts- und Kooperationsbekundung mit der Gruppe „Samidoun Deutschland“, die Beteiligte an terroristischen Anschlägen gegen Israel zu Held:innen erklärt und offen die Frage stellt: „Welche Sprache verstehen die Zionistischen Verbrecher, außer der Sprache des bewaffneten Kampfes?“ (4. November 2020)
3) Facebook-Post vom 22.11.2020
Auf der Facebook-Seite findet sich zudem ein Artikel, der mit den Worten eingeleitet wird: „Für den jüdischen Staat ist der Holocaust ein Werkzeug, das manipuliert werden kann.“ [3] Hierbei handelt es sich um eine Variation des antisemitischen Motivs, demnach Jüd:innen die Shoah für zweifelhafte Zwecke (hier: "politische Macht") missbrauchten. Die Staatsgründung sei dabei selbst das Resultat einer Instrumentalisierung von Schuldgefühlen. [4]
4) Fehlende Reflexionsbereitschaft
Obwohl öfter Kritik an die Gruppe herangetragen wurde, hat diese sich nicht bereit gezeigt, ihr Verhalten und ihre Inhalte zu reflektieren. Im Gegenteil, als die Gruppe "Migrantifa Hessen" antisemitische Vorfälle auf eine von ihnen organisierten Kundgebung aufarbeitete [5], wirft "Palästina Antikolonial" ihnen Unfähigkeit und Überforderung vor.
Gemäß unserer geltenden Beschlüsse und unseres Vorhabens, antisemitismuskritische Bildungsarbeit zu fördern, kritisieren wir die Teilnahme von „Palästina Antikolonial“ an der Kritischen Orientierungswoche und distanzieren uns entschieden. Wir werden uns daher auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Antisemitismus an unserer Universität keinen Platz hat.
Nachweise:
[3] https://www.facebook.com/PalantiMS
[4] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, "Sekundärer Antisemitismus“, https://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/321575/sekundaerer-antisemitismus
[5] Zu den Vorfällen in Frankfurt: https://diskus.copyriot.com/news/antisemitismus-frankfurt